Die wachsende Beliebtheit von Mountainbiking und Vanlife in den letzten Jahren zeigt, dass immer mehr Menschen nach Abenteuer und Freiheit suchen. Tanja oder auch bikeahontas, eine leidenschaftliche Mountainbikerin, ist einer dieser Menschen. Sie hat früh ihre ersten Ängste und Herausforderungen auf zwei Rädern überwunden und ist nun ein echter Profi in der Szene. Von Hardtails zu Fully Bikes, von nervösen Anfängen zu selbstbewussten Downhill Fahrerin, Tanja hat einen langen Weg hinter sich und teilt heute ihre Erfahrungen und Tipps mit uns.
Aber das ist nicht alles: Tanja ist nicht nur auf den Trails zu Hause, sondern auch auf der Straße, da sie sich ihren eigenen Van ausbaut hat und das mit einer klaren Vision:
Hey Tanja, schön dass du da bist. Lass uns direkt mit der wichtigsten Frage starten: Wie und wann ist deine Liebe zum Biken entstanden?
Ich habe 2018 mit dem Fahrradfahren begonnen, zuerst ganz klassisch auf einem Hardtail. Doch ich traute mich einfach nicht viel. Allein schon einen Forstweg herunterzufahren, der voll mit Schotter war, hat mir so Angst gemacht, dass ich meine Beine in den Rahmen geklemmt habe und die Bremse so zum Quietschen gebracht habe, dass andere wohl dachten, das ist eine Sirene. Hätte mich damals jemand gesehen, sie hätten mich sicher ausgelacht. Rückblickend habe ich wirklich gute drei Jahre gebraucht, um mich mehr zu trauen und meinen inneren Angsthasen zu überwinden.
Ich bin damals hauptsächlich mit Jungs gefahren, die besser waren als ich, dadurch hatte
ich Druck empfunden, mich mehr trauen zu müssen. Um den höheren Anspruch gerecht zu werden, habe
ich mich relativ schnell für ein Fully Bike entschieden. Denn mit den Jungs bin ich nicht mehr nur
Forstwege gefahren, sondern richtige Trails ;)
Ein passendes Fahrrad zu finden, ist nicht ganz einfach. Denn jede Geometrie der verschiedenen
Hersteller fühlt sich anders an, genauso wie die unterschiedlichen Ausstattungen. Im Endeffekt
hat es vier Fahrräder gebraucht, bis ich endlich das Richtige für mich gefunden hatte.
Über einen Facebook-Post hat ein Mädchen aus der
Umgebung andere Mädels zum Fahrradfahren gesucht, ich habe sie angeschrieben und ab da haben
wir uns immer öfter zum Biken getroffen. Mit ihr hatte ich endlich keinen Druck mehr empfunden
und konnte in meinem "Tempo" fahren.
Wir haben uns in die ersten Bikeparks getraut, neue Regionen erkundet und immer mehr über
das Biken gelernt. Als mein Level endlich einigermaßen gut war, bin ich wieder mit Jungs gefahren
und empfand plötzlich pure Motivation, mithalten zu können. Naja, und jetzt bin ich so etwas wie süchtig :)
Was fasziniert dich am meisten am Mountainbiken?
Es gibt wirklich vieles, was mich am Mountainbiken fasziniert.
Zum einen fasziniert mich der Bewusstseinszustand, den ich während
des Bikens erreiche. Ich bin komplett im JETZT und kann nirgendwo anders sein als dort, sonst wird es gefährlich.
Ich MUSS mich auf den Trail konzentrieren. Naja und ehrlich gesagt denke ich hin und wieder auch daran, einfach
nicht zu sterben, falls es mal schief gehen sollte :)
Im Jetzt zu sein, ist ein toller Zustand, den sicher viele da draußen verpassen. Daher kann ich das
Biken nur empfehlen, denn da hat mein keine andere Wahl als im Jetzt zu sein.
Mit dem Fahrrad durch den Wald zu jagen, ist einfach
ein unbeschreiblich tolles Gefühl von Lebendigkeit. Ich grinse die ganze Zeit unter meinem Helm.
Außerdem liebe ich es, diesen Sport in der Natur und vor allem im Wald ausüben zu können. Es
klingt sicher kitschig, aber Biken ist wie ein Tanz mit dem Wald. Mal ist es ein schneller
Tanz, mal ein romantischer und mal ein wilder.
Ich powere mich komplett aus, verbrenne so viel Energie, und trotzdem gewinne ich die doppelte
Energie am Ende einer jeden Tour zurück. Ich atme dabei so viele energiegeladene Duftstoffe
aus dem Wald ein, die mich lebendig und glücklich machen.
Und zuletzt liebe ich die Bike-Community. Ich habe noch nie einen Biker oder eine Bikerin getroffen, mit der ich mich nicht auf Anhieb sofort verstanden habe. Wo gibt es so etwas?! Man teilt die gleiche Leidenschaft und denselben Lifestyle, und das verbindet.
Was ist das größte Klischee gegenüber eMTB?
Ich denke das größte Klischee ist „E-Biker sind keine echten Biker”.
Und ist das Klischee wahr?
Nein! Viele denken, dass man sich bei einem E-Bike nicht anstrengen muss. Aber wer schon einmal Enduro bzw. Downhill gefahren ist, der weiß, wie anstrengend das ist und da ist es egal, ob du ein E-Bike hast oder nicht. Dein ganzer Körper ist angespannt und dein Kopf verbrennt durch die permanente Konzentration so viel Energie, so viel passt nicht mal in einen E-Bike-Akku. Und wenn du den Berg hochfährst, machst du das eben fünfmal, während nicht E-Biker das vielleicht zweimal machen. Unterm Strich hast du also genauso viel Leistung erbracht, hattest aber mehr spaßige Abfahrten.
Warum bevorzugst du eMTB gegenüber klassischem MTB?
Ich mag beides. Das E-Bike nutze ich oft auf meinen Hometrails, da ich dort keinen Lift, wie im Bikepark habe, die Trails verteilt sind und ich mich dann eben auch mal kurz nach dem Feierabend auf das Rad schwingen kann. In Bikeparks greife ich mittlerweile auf mein „Bio-Bike”, also ein Bike ohne Motor, zurück.
Da du sowohl eMTB als auch Bio-Bike fährst: Was sind die größten Unterschiede zwischen eMTB und MTB? Und was die Gemeinsamkeiten?
Neben dem Antrieb ist der größte Unterschied wohl das Gewicht. Ein eMTB beginnt bei 18 kg aufwärts. Das Gewicht merkt man als Anfänger besonders dann, wenn man Sprünge machen will oder das Fahrrad bei einem Sturz auf einen drauf fällt :)
Ich persönlich habe anfangs das E-Bike sehr gerne auch auf wurzeligen Abschnitten genutzt, weil es sich durch das Gewicht wie ein kleiner Panzer angefühlt hat, der einfach alles überrollt. Bei klassischen Mountainbikes wie z. B. einem Fully Bike ist das alles schon etwas feinfühliger. Wie in einer vorherigen Frage bereits erwähnt, verdoppelt das eMTB die Anzahl der Abfahrten, was ich besonders mag. Im Bikepark hat man einen Lift und kann das Gewicht somit zu Hause lassen.
Gemeinsamkeiten? Beides macht einfach mega Spaß!
Viele sind kritisch gegenüber E-Bikes eingestellt. Um ehrlich zu sein, war ich es anfangs auch. Ich war der Meinung „Solange ich jung und fit bin, brauche ich kein E-Bike” naja, bis ich dann mal eins probiert habe. Somit sage niemals nie — überraschend, wie schnell sich eine Meinung ändern kann.
Die Mountainbikewelt ist stark von Männern dominiert, wie ist deine Erfahrung damit?
Ja, dem kann ich zustimmen. Aber die letzten 2-3 Jahre haben viel mehr Frauen diese Sportart auch für sich entdeckt, was mich sehr freut. Wenn man einen Blick in die Profiklasse wirft, findet man dort auch schon länger extrem gute und schnelle Fahrerinnen, die den Männern in nichts nachstehen. Ich denke, viele Frauen haben Respekt vor dieser Sportart, da sie natürlich um einiges gefährlicher ist als z. B. Yoga.
Was würdest du Personen empfehlen, die Interesse am Biken haben, aber sich nicht in Bikeparks oder Trails trauen?
Fahre jeden Tag mit deinem Fahrrad, auch wenn es nur 10 Minuten sind. Das Wichtigste ist, dass du dein Fahrrad beherrscht und nicht umgekehrt. Eigentlich musst du eins werden damit und das geht nur, wenn man es fühlt.
Was passiert, wenn ich stark bremse? Wie halte ich die Griffe richtig? Wie muss ich meine Füße auf den Pedalen platzieren? Wie ist meine Körperhaltung, wenn es steil wird? Wann verlagere ich mein Gewicht? Anfangs klingt das alles wie Fleißarbeit oder einer Choreografie, aber es muss in das Unterbewusstsein wandern so, dass es sich wie atmen anfühlt.
Ich merke selbst, wenn ich Trails fahre, bei denen ich Angst bekomme, weil sie anspruchsvoll sind, dass ich schnell verkrampfe und plötzlich über alle einzelnen Punkte nachdenke, die beachtet werden sollten. Körperhaltung, Bremsen, dies und jenes. Und das ist meistens der Moment, wo ich hinfalle.
Da hilft nur an sich locker zu machen, bewusst zu atmen und an sich selbst zu glauben.
Neben dem Biken hast du dein Herz noch an ein anderes Thema verloren: Du hast nämlich deinen Van ausgebaut. Was hat dich zum Ausbau bewegt?
Auch hier könnte ich viele Gründe nennen, aber ich denke, der größte ist es, das Outdoor-Leben aktiver leben zu können. Ich finde wir Menschen haben uns sehr stark von der Natur entfernt seit wir das moderne und vor allem digitale Leben führen. Wir bauen große Häuser, wohnen immer mehr in Städten und stressen uns von A nach B und haben kaum mehr Zeit in die Natur zu gehen.
Wenn ich im Camper bin, habe ich das Gefühl, näher an der Natur zu sein. Ich bin den ganzen Tag draußen und gehe dann in den Camper, um etwas zu kochen (am besten mit offener Türe), lege mich dann in mein Bett und schlafe wie ein Baby.
Ich weiß nicht, ob du das Gefühl kennst, wenn du einige Tage in den Bergen oder der Natur warst und dann zurück in die Stadt kommst. Das ist wie ein Kulturschock für mich - und dem will ich mit meinem Camper entfliehen. Bevor ich meinen VW Crafter hatte, habe ich mir aus meinem Tiguan SUV einen Minicamper gebaut. Ich habe im Kofferraum geschlafen. :) Meine Eltern haben das nie verstanden und mir immer gesagt „Kind, warum gehst du nicht einfach ins Hotel?” Heute denken sie ganz anders darüber, nachdem sie nun selbst einige Male im Camper übernachtet haben.
Ich liebe es abends mit Freunden am Lagerfeuer zu sitzen, Gute Nacht zu sagen und mich in den Camper zu legen und zu wissen, dass mich nur eine Türöffnung von der Natur trennt.
Außerdem bietet es sich natürlich perfekt an, einen Camper zu haben, mit dem man dann zu den Bikeparks fährt und in unmittelbarer Nähe übernachten kann. Man findet mittlerweile sehr viele Vanbesitzer in der MTB-Community. Sie bauen sich ganze Fahrradgaragen in ihren Camper.
Was soll dir dein Van zukünftig erleichtern? Was sind deine Pläne?
Er soll mir den Weg zur Freiheit verkürzen. Ich habe diesen Sommer in Kroatien vom Van aus gearbeitet. Es ist für mich einfach Freiheit, dort zu parken wo es mir gefällt und den Laptop aufzuschlagen. Das Highlight ist dann, wenn ich mich nach Feierabend noch aufs Rad schwingen kann.
Beim Vanlife ist natürlich immer die Stromversorgung ein Thema. Wie bist du da in deinem Van aufgestellt?
Ich habe mich für die All-in-One AccuBox 240s entschieden. Warum? Ganz einfach — ich wollte mir jeglichen Elektro-Stress ersparen und die einfachste Lösung. Und das ist sie. Box in den Camper, Solarpanel einstecken und schon ist man bereit. Zudem will ich einfach ein Verlängerungskabel von der Box zu Laptop, Akku oder Ähnlichem, um diese easy aufladen zu können. Funktioniert!
Außerdem war es mir auch wichtig, dass ich nicht den halben Kofferraum mit Batterien, Wechselrichtern usw. voll mache, da dort noch zwei Fahrräder Platz haben sollen. Dank der integrierten Lithiumbatterie spare ich nicht nur Platz, sondern auch Gewicht, denn man kommt schneller als man denkt auf seine zulässigen 3,5 Tonnen.
Wie sorgst du dafür, dass die Akkus von deinen Bikes immer ausreichend Strom haben?
Ich habe zwei MSP 190s Black Solarpaneele auf dem Dach, die reichen super aus, um mein E-Bike laden zu können, vorausgesetzt die Sonne ist da. Ansonsten nutze ich die Möglichkeit, die Accubox über die Lichtmaschine, auf dem Weg zum Bikepark beispielsweise, zu laden. So bin ich sicher, dass ich nicht ohne Strom bleibe. Außerdem ist man mit zwei dieser Solarpaneele bestens ausgestattet. Ich denke, das ist mehr als die meisten auf ihrem Dach montieren.
Wie häufig muss man so einen eBike Akku für eMTB denn laden?
Das hängt ganz davon ab in welcher Unterstützungsstufe man fährt und was für einen Akku man integriert hat. Ich habe einen Akku mit 540 Wh. Boost-Stufe steht bei meinem Fahrrad für die stärkste Unterstützung und damit schaffe ich etwa 40 km. In der kleinsten Stufe habe ich schon einmal 120 km geschafft. Wenn es draußen kalt ist, leidet der Akku auch etwas darunter, aber dafür gibt es auch gute Tipps, wie z.B den Akku im Winter im warmen laden und aufbewahren.
Zum Abschluss noch eine letzte Frage: Was sollte jede:r über das Biken wissen?
Es geht nicht darum, besser als andere zu sein, sondern es geht darum, Spaß zu haben! Ach ja und es stimmt tatsächlich: Geschwindigkeit gibt Sicherheit.